Optimale Nutzung des Standorts
Die Energieerzeugung aus Wasserkraft ist eine erprobte und bewährte Technologie. Das Prinzip
ist simpel: Ein Turbinenrad wandelt die Lageenergie des Wassers (Gefälle) in Rotationsenergie um,
die dann Generatoren antreibt.
Ganz so einfach war die Sache beim Weserkraftwerk nicht, denn erstens musste das bestehende Weserwehr
in die Planungen einbezogen und zweitens sollte die Umwelt durch den Bau möglichst wenig belastet werden.
Die nutzbare Fallhöhe des Wassers verändert sich zudem stetig wegen der Tide. Darüber hinaus spielt der
Schutz wandernder Fischarten eine sehr wichtige Rolle.
Bauweise
Das Kraftwerk ist ein Umgehungsbauwerk. Aus dem Oberwasser (eingestauter Bereich) wird durch ein
rechtwinklig zum Strom angeordnetes Einlaufbauwerk das Betriebswasser (bis zu 220 Kubikmeter/s, das sind rund
1.500 gefüllte Badewannen je Sekunde) entnommen. Nach dem Durchströen des Grobrechens und des
Feinrechens wird das Wasser in einem unterirdischen Triebwasserkanal um 90 Grad umgelenkt und sodann –
unter Umgehung der vorhandenen Wehrbauten – parallel zum Ufer auf die im Krafthaus (Lage im Uferbereich
des Unterwassers) eingebauten zwei Enercon S-Rohrturbinen (modifizierte Kaplan-Rohrturbinen) geführt.
Anschließend strömt das Betriebswasser in dem offenen Auslaufbauwerk in das Unterwasser der Weser.
Bis auf die Rechenreinigungsanlagen und das Oberteil des Maschinenhauses ist von der Anlage nichts zu
sehen, denn sie ist komplett unterirdisch errichtet.
Die mit 42 Metern ungewöhnliche Breite des Einlaufbeckens ist nötig, weil der Feinrechen zum weitgehenden
Fischschutz einen Stababstand von nur 25 Millimetern hat. Die Rechenstäbe nehmen für sich allein ein Drittel
der Fläche ein. Zudem ist die Anströmgeschwindigkeit mit 0,7 Metern pro Sekunde so gering gewählt, dass
Fische nicht an den Rechen gepresst werden, sondern aus eigener Kraft davon wegschwimmen können.
Einlaufbauwerk
Hält Geäst und Treibgut zurück.
Fische gelangen von hier aus durch ein Rohrsystem direkt in die Unterweser.
Hält kleines Treibgut zurück und leitet die Fische in die Öffnugnen des Bypass-Systems.
Sie säubern die Rechen und sind so konstruiert, dass Fische nicht verletzt werden.
Ermöglichen den Fischen einen gefahrlosen Zugang zum Fisch- abstieg.
Von hier aus fließt das Wasser zum Krafthaus.
Krafthaus
Der sich verjüngende Kanal beschleunigt den Wasserfluss
stark.
Ermöglichen im Bedarfsfall ein komplettes Still- und Trockenset-
zen der Anlage. Wenn sie herun-
tergefahren werden, stoppt der
Wasserstrom.
Die zwei von ENERCON entwi-
ckelten S-Rohrturbinen sind das
Herz der Anlage. Eine besondere
Innovation der Turbinentech-
nik ist die Berücksichtigung des
Tidehubs der Weser.
Sie können das Turbinenrohr
abschotten. So kann das verblie-
bene Wasser abgepumpt und die
Turbinen gewartet werden.
Turbinen
A
Größenvergleich
Mensch (Körpergröße 1,80 m) zu
Turbinenlaufrad (Durchmesser 4,50 m)
Besonderheiten der S-Rohrturbinen
Als Turbinen wurden ENERCON S-Rohrturbinen ausgewählt, die sich für diesen Standort bei vergleichsweise
geringem Gefälle und wechselnden Betriebsbedingungen gut eignen. Sie wurden horizontal eingebaut,
so dass die Strömung nicht umgelenkt werden musste. Damit gibt es weniger Kollisionspunkte als bei
vertikalen (hängenden) Bauformen.
Die Turbinen werden über die verdrehbaren Laufschaufeln und die verstellbaren Leitschaufeln auf die
wechselnden Betriebsbedingungen eingestellt. Beide Systeme geben dem zulaufenden Wasser eine
schraubenförmige Drehung, um die Energie des Wassers in Bewegung umzusetzen.
Mit höchstens 90 Umdrehungen pro Minute gehören diese Turbinen zu den Langsamläufern. Der Anteil von
Prall- und Scherflächen ist minimal. Insbesondere der große Abstand zwischen Leit- und Laufschaufeln schließt
Schermöglichkeiten aus, wie sie bauartbedingt an anderen, insbesondere älteren Bauarten zu finden sind.
Mit der Installation von zehn Megawatt (MW) wurden die vorhandenen Möglichkeiten der Energiegewinnung
weitgehend ausgeschöpft. Die notwendige Betriebswassermenge steht an durchschnittlich 180 Tagen des
Jahres zur Verfügung, in der anderen Hälfte des Jahres laufen die Maschinen mit geringerer Leistung.